Münchner Merkur, 18. 5. 2005

 

Aus der Schublade des Vergessens holen

Augusta Laars Ausstellung “Schriften - Zeichen – Chiffren” ist wieder zu sehen
VON CLAUDIA ROTHHAMMER

"Augusta Laar ist Künstlerin, experimentelle Lyrikerin, Musikerin, Spurensucherin und Entdeckerin, sie erschafft und bewahrt, ihre Augen entdecken Schriften, Zeichen und Chiffren im scheinbar Unscheinbaren, ihre Kamera hält das achtlos Weggeworfene, das Verletzte und Vergessene, das Ungeliebte und Verworfene, das Gefühlte und Erlebte, das Geträumte und das in Schrift an Hausmauer oder Tür, auf Zeitungspapier oder Holz Geschriebenes mit Buchstaben der Kamera fest. Dadurch erhält der Buchstabe, die Puppe, das Zeichen einen Sinn, wird aus der Schublade des Vergessens geholt, atmet wieder, lebt, erfährt Heilung, entsteht neu."

Mit diesen Worten hatte Laudatorin Christiane Clemm im Dezember Augusta Laars Ausstellung "Schriften - Zeichen – Chiffren" im Kraillinger Rathaus eröffnet. Wer die Präsentation damals verpasst hat oder sich die Werke der Kraillinger Künstlerin gerne noch einmal ansehen möchte, der hat dazu noch einmal Gelegenheit. Die beiden Professoren Reinhold Knitza und Martin Kolben werden Laars Werke bis zum 28. April in ihrer Frauenarztpraxis in Gräfelfing beherbergen.

Augusta Laar ist Halbschweizerin und Jahrgang 1955. Sie absolvierte ein Klavierstudium am Richard-Strauss-Konservatorium in München und zog nach Krailling. Vor wenigen Monaten ist ihr neuer Gedichtband "weniger stimmen" erschienen. Zu schreiben begann Augusta Laar nach dem Tod ihrer Tochter vor zwölf Jahren - um den tiefen Schmerz ausdrücken zu können. Mit ihrem Mann, dem Klangkünstler Kalle Laar, hat sie das Duo "Kunst oder Unfall" ins Leben gerufen Die aktuelle Performance basiert auf den Texten aus “weniger stimmen”. Bei Aufführungen liest das Ehepaar Texte vor, verändert dabei den Klang der Stimme, lässt Musik erklingen, während Live-Kompositionen, Klangskulpturen, Installationen und Video sich vermischen.

So vielfältig das Projekt "Kunst oder Unfall" mit ihrem Mann ist, so vielfältig sind auch Augusta Laars Werke, die bei "Schriften - Zeichen – Chiffren" zu sehen sind. Der Besucher wird mit Fotos von Barbies und Puppen ebenso konfrontiert wie mit zur Realität gewordenen "Wortvorhängen", "kosmischen Schachbrettern" oder in Silben zerlegten Gedichten.