Münchner Merkurg, 7. 12. 2004

Strandgut des Lebens
Augusta Laar stellt im Kraillinger Rathaus

Durch einen "Wortvorhang" betreten die Kraillinger Räte in nächster Zeit den Sitzungssaal im Rathaus. Zwei Fliegenvorhänge aus bunten Plastikstreifen hat die Künstlerin Augusta Laar für sie mit Gedichtfragmenten beschriftet: "White white white" ist auf einem Streifen von oben nach unten zu lesen, auf einem anderen "glory glory glory". Mit "Schriften Zeichen Chiffren" hat Laar ihre Ausstellung überschrieben.

 

Im Schaukasten ist ein "kosmisches Schachbrett" transparenter Untergrund für die "Partitur Geheimsprache" daneben sind Gedichte in einzelne Silben zerlegt, um so die "Freie-Formel ex-wing" zu bilden. Und es sind Puppen, immer wieder Puppen, die den Besucher anschauen und anrühren: Barbiepuppen, kaputte und geflickte Puppen, abgerissene Puppenköpfe, verlorene und vergessene, traurige oder glückliche Puppen. "Es sind die allein gelassenen Puppen, die mich finden, nicht umgekehrt" sagt Augusta Laar. "Sie erzählen mir Geschichten über die Menschen, denen sie gehört haben, sie erzählen mehr, als die Menschen selbst es tun wurden".

Ihre Begegnungen mit Puppen hat Augusta Laar fotografiert, festgehalten und dokumentiert, zum Teil in alltäglichen, zum Teil in kuriosen Kontexten, die dem Gesehenen oder Gefundenen neuen Sinn und neue Würde verleihen. Lange Reihen von Fotos, zeigt sie in den Gängen und im Saal des Rathauses, trotzdem ist ihre Ausstellung keineswegs als Fotoausstellung zu verstehen. "Es sind alles Fotos, die im weitesten Sinne mit Sprache zu tun haben", so die ausgebildete Musikerin, Autorin und Objektkünstlerin, die seit vielen Jahren in Krailling lebt.

Es geht ihr um das Bewahren von Spuren, um ,,Erlebtes, das sie in Bilder und Klänge kleidet, um das Strandgut des Lebens, dem sie neue Würde verleiht", so Laudatorin Christiane Clemm bei der Vernissage am Donnerstag.

Augusta Laar hat zerknülltes und bekritzeltes Papier abfotografiert, Fußabdrücke im Sand, bemalte und beschmierte Wände und Türen, Verpackungen und Beschriftungen, willkürliche oder zufällige Arrangements auf Strandhandtüchern oder Flohmarkttischen. Ihre Auswahl ist nicht Inszenierung sondern Wahrnehmung.

Die Ausstellung ist noch bis zum 7. Januar während der üblichen Öffnungszeiten des Rathauses zu besichtigen. Zur Finissage findet eine Performance von "Kunst oder Unfall" statt, einem gemeinsamen Projekt von Augusta und Kalle Laar.

von Katja Sebald